Soziales Erbbaurecht in Deutschland: Fakten & Infos

Soziales Erbbaurecht in Deutschland: Müssen Erbbaurechte sozial sein?

Letztes Update: 26. August 2024

Immer mehr Kommunen in Deutschland vergeben Erbbaurechte zu günstigen Konditionen, um bestimmte Bevölkerungsgruppen zu unterstützen. Doch nicht jedes Erbbaurecht erfüllt einen sozialen Zweck. Erfahren Sie, was der Deutsche Erbbaurechtsverband dazu sagt.

Müssen Erbbaurechte sozial sein?

Das Thema Erbbaurecht gewinnt in Deutschland zunehmend an Bedeutung. Immer mehr Kommunen vergeben Erbbaurechte, oft zu besonders günstigen Konditionen, um bestimmte Bevölkerungsgruppen zu unterstützen. Doch stellt sich die Frage: Müssen Erbbaurechte sozial sein? Der Deutsche Erbbaurechtsverband weist darauf hin, dass nicht jedes Erbbaurecht einen sozialen Zweck erfüllt.

Was ist ein Erbbaurecht?

Beim Erbbaurecht werden das Eigentum am Grundstück und das Eigentum an dem darauf stehenden Gebäude voneinander getrennt. Der Erbbaurechtsnehmer zahlt für die Nutzung des Grundstücks an den Grundstückseigentümer einen Erbbauzins. Diese Konstruktion ermöglicht es, dass Menschen ein Haus bauen oder kaufen können, ohne das Grundstück selbst erwerben zu müssen.

Soziales Erbbaurecht in Deutschland

Viele Städte und spezielle Stiftungen gewähren bestimmten Personen, wie Familien oder Baugemeinschaften, einen Rabatt auf den Erbbauzins. Dies soll ihnen ermöglichen, Wohneigentum zu erwerben oder bestimmte Projekte im sozialen oder kulturellen Bereich zu realisieren. Ein Beispiel hierfür ist Hamburg, wo Wohnungen mit 100-jähriger Mietpreisbindung entstehen sollen. Der Bundesgerichtshof (BGH) betonte in einer Entscheidung aus dem Jahr 2019: „Dauerhafte Beschränkungen lassen sich nur dann erreichen, wenn der öffentliche Zweck nicht mit dem Instrument des Grundstücksverkaufs, sondern mit dem dazu bestimmten Instrument der Ausgabe des Erbbaurechts verfolgt wird.“

Erbbauzinsen erfüllen einen Zweck

Dennoch ist das Erbbaurecht nicht automatisch ein Instrument des sozialen Wohnungsbaus. Kirchliche Organisationen oder Stiftungen benötigen die Erbbauzinsen, um ihre Zwecke und Aufgaben erfüllen zu können. Unternehmen oder private Erbbaurechtsgeber sichern mit den Einnahmen ihren Geschäftszweck oder ihr Vermögen. „Es stimmt: Das Erbbaurecht wurde 1919 reformiert, um möglichst vielen Menschen Wohneigentum zu ermöglichen. Aber die wenigsten Erbbaurechte sind Sozialprojekte. Auch die Erbbaurechtsgeber müssen Einnahmen erzielen, um ihren Aufgaben nachkommen zu können“, erklärt Ingo Strugalla, Präsident des Deutschen Erbbaurechtsverbands.

Die Rolle der Kommunen

Kommunen können ihre oft günstigen Erbbaurechtskonditionen mit Steuereinnahmen gegenfinanzieren. Diese Möglichkeit haben andere Erbbaurechtsgeber nicht. Insbesondere, wenn Erbbaurechte auslaufen und neue Verträge angeboten werden, kommt es oft zu Diskussionen über die angemessene Höhe des Erbbauzinses. In den meisten Regionen Deutschlands sind die Grundstückspreise in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen. So kommt es, dass der Erbbauzins nach einer Vertragsverlängerung oder -erneuerung oft deutlich höher ausfällt als zuvor.

Diskussionen um den Erbbauzins

In den meisten Fällen geht die Argumentation der Erbbaurechtsnehmer, der Erbbauzins müsse sozial gestaltet werden, inhaltlich fehl, weil es am sozialen Zweck bei der Erbbaurechtsbestellung fehlt. Der Deutsche Erbbaurechtsverband betont, dass die Erbbauzinsen notwendig sind, um die Aufgaben der Erbbaurechtsgeber zu finanzieren. Dies gilt sowohl für kirchliche Organisationen als auch für private Erbbaurechtsgeber.

Fazit: Müssen Erbbaurechte sozial sein?

Die Frage, ob Erbbaurechte sozial sein müssen, lässt sich nicht pauschal beantworten. Es gibt durchaus Erbbaurechte, die soziale Zwecke erfüllen und bestimmten Bevölkerungsgruppen zugutekommen. Doch viele Erbbaurechte dienen primär der Finanzierung der Aufgaben der Erbbaurechtsgeber. Es ist daher wichtig, die individuellen Bedingungen und Ziele jedes Erbbaurechts genau zu betrachten.

Über den Deutschen Erbbaurechtsverband

Der Deutsche Erbbaurechtsverband e. V. wurde 2013 gegründet. Er ist ein Zusammenschluss aus namhaften Erbbaurechtsausgebern, die bundesweit einen erheblichen Anteil der im Erbbaurecht ausgegebenen Flächen repräsentieren, sowie Dienstleistern der Branche. Der Deutsche Erbbaurechtsverband vertritt die Interessen der Erbbaurechtsgeber in Deutschland gegenüber Öffentlichkeit, Medien, Politik und Verwaltung und versteht sich als universeller Ansprechpartner zum Thema Erbbaurecht. Er ist unabhängig, parteipolitisch neutral und nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet. Der Präsident des Verbandes ist Ingo Strugalla. Geschäftsführer ist Dr. Matthias Nagel.

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